Beitrag zu unserem Geschichtenwettbewerb Ostern 2020
Eine holde Maid dereinst entwuchs dem Kindesalter und erstrahlte in unvergleichlicher Schönheit. Es ließ nicht lange auf sich warten bis sich Gerüchte um die junge Dame bis in weit entfernte Dörfer und Städte weiter trugen und junge Herren sich auf den Weg machten der Dame ihre Aufwartung zu machen.
Ob arm ob reich, junger Grafensohn mit Ländereien oder Kaufmannssohn, ob Bauer, Winzer oder reisende Künstler, sie alle waren wie berauscht und überboten sich in ihrem Gebären um das Wohlwollen der Maid zu gewinnen.
Diese jedoch konnte sich für keinen Einzigen der Bewerber erwärmen. Kein noch so stattlicher Jüngling vermochte ihr auch nur ein Lächeln abzugewinnen. Als Tag um Tag verstrich begannen die Eltern sich sorgen zu machen, dass ihre Tochter alle Männer wieder Fortschicken würde. Sie befragten sie, wieso kein Bewerber ihr zusage.
„Ich suche keinen Jungen, ich suche einen Mann! Einen richtigen Mann der mich beschützen kann und weiß wie das Leben spielt. Den Knaben die hier vorsprachen wuchsen noch nicht einmal drei Haare am Kinn. Nein, ich brauche einen Mann mit einem richtigen Bart. Und wenn keiner seinen Weg zu mir findet so werde ich mich selbst auf die Suche begeben!“
Tags darauf packte Sie ihre Siebensachen und begab sich auf Schusters Rappen ihren Zukünftigen zu finden. Sie bereiste viele Städte der Menschen und traf die unterschiedlichsten Persönlichkeiten. Endlich waren darunter auch stattliche Männer mit kräftigen, langen Bärten in allen Formen und Farben. Die holde Maid war erfreut und war sich sicher. Ihren Gatten werde sie sofort am Bart erkennen. Jedoch war der Richtige noch nicht dabei gewesen.
Als Sie die Menschenreiche durchquert hatte zog es Sie weiter. Dabei überquerte Sie Berge und Täler, tiefe Flüsse und dichte Forste und schließlich erreichte Sie das Reich der Elfen. Die Männer dort waren hoch gewachsen wie Sie selbst, mit einer natürlichen Anmut wie eine Katze die sich genüsslich streckt. Sie konnten hervorragend singen, ihr Sprechen schon klang wie Gesang, jedoch, wie durch einen grausamen Scherz der Götter wuchs keinem Elfen auch nur ein Härchen am Körper. Die Maid schauderte und zog schleunigst weiter.
Diesmal zog es Sie nach Norden in die grauen kalten Gebirge. Sie erhoffte sich dort einen von den rauen Bedingungen gestählten Recken zu entdecken. Der Weg war lang und entbehrungsreich, doch mit Ihrem eisernen Willen und immer einen Fuß vor den anderen setzend erreichte Sie schließlich ihr Ziel.
Jedoch hatte ihr niemand gesagt, dass es sich hier um das Reich der Zwerge handelte! Doch die Zwerge, so musste Sie gestehen waren stattliche Krieger, zwar von kurzer, kompakter Gestalt jedoch übersät mit eisenharten Muskeln. Oh und ihre Bärte! Nie erblickte Sie zuvor etwas schöneres! Liebevoll waren sie gepflegt, mit Wachs geglättet oder in kostbaren Ölen getränkt und mit Bartperlen gebändigt.
Lächelnd, nein lachend tanzte Sie durch die Straßen und verliebte sich bei jedem zweiten Schritt neu. Bei der Abenddämmerung kam Sie an einer Schmiede vorbei. Die Hammerschläge schienen einer Ihr unbekannten Melodey zu folgen. Wie unter einem Bann trugen Sie Ihre Füße näher hin und ließen Sie eintreten.
Hinter einem breiten Amboss, erhellt von einer mächtigen Glut aus der mannsgroßen Esse durchfuhr es sie wie ein mächtiger Donner. Der Hammer wurde vom stattlichsten Zwerg geschwungen als wäre es ein Spielzeug. Seine Augen kündeten von Weisheit und Güte, ein Lächeln wie die eines gütigen Vaters umspielte seine Lippen als er das Eisen fast schon zärtlich in Form passte.Seine enormen Muskeln arbeiteten bei jedem Hammerschlag. Die Krönung aber bildete der braune Bart das sein Gesicht einfasste. Ihr war als könnte Sie sich darin verstecken! Ihr Herz setzte einen Schlag lang aus!
War Ihre Suche endlich zu Ende? Sie nahm all Ihren Mut zusammen und mit gehauchter Stimme sprach Sie zu dem Zwerg, der dort am Amboss stand:“Nimm mich zu Deinem Weibe! Ich werde Dir treu seyn und Dich mit endloser Liebe überhäufen! Zahllose Kinder will ich Dir schenken wenn Du nur mich erwählst!“
Der Zwerg schaute ruhig von seinem Amboss auf mit ernsten, stahlgrauen Augen.
Er legte seinen Hammer darnieder und wischte seine Hände an seinem Kittel ab.Gemäßigten Schrittes trat er an die holde Maid heran. Er spürte die Ernsthaftigkeit und Reinheit der gesprochenen Worte. Sanft nahm er Ihr eitles Antlitz zwischen seine Hände und Ihr war als blicke er direkt in Ihre Seele.
Ein Moment verging, dann ein Zweiter und die Zeit schien für einen Moment still zu stehen.
Schließlich sprach der Zwerg mit feierlicher Stimme: „Du bist ein edles Weyb, stark und schön wie es sich ein König nur erträumen kann! Ich wäre geehrt Dich Mein nennen zu dürfen! Doch wie jeder weiß tragen Zwergenfrauen prächtige Bärte und Dir erwächst noch nicht einmal ein zarter Flaum!“
Und die Moral von der Geschicht‘ – Bärte hat man(n?) oder nicht
Ralph Häfele