Glück muss man haben

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Beitrag zu unserem Geschichtenwettbewerb Ostern 2020

Endlich roch Janusch ihn wieder. Den Geruch der Stadt, den Geruch von Freiheit. Es war ihm egal, ob es nun der Duft der Felder guten Stückens vor der Stadt, der Dung in den mauernahen Vierteln oder aber die parfümierte Luft in den engen, inneren Bezirken der Stadt war, die ihm auf die Nase schlugen. Solange ihm auch noch dieser andere Geruch die Nase bestach. Jener von Kupfer-, Silber- und Goldmünzen. Denn dieser bedeutete für ihn Gelegenheit, Freiheit und Leben. Vor allem die Gelegenheit war Janusch immer wichtig gewesen, schließlich war sie es, die ihm ermöglichte in Freiheit zu leben.

Vielleicht, ja, vielleicht sage ich lieber Glück, an Stelle der Gelegenheit, denn Glück war es, das Janusch brauchte. Natürlich… Wer braucht es nicht?

Für Janusch allerdings war es unabdingbar, er brauchte es um seine Freiheit zu bewahren und natürlich noch wichtiger, er brauchte es um zu leben. Dieses Leben mit seiner eigenen Art amüsierte Ihn. Wie gut es doch war, dass unser kecker Glückspilz wusste, wie man die Gunst des Glückes gewinnen und auch bewahren konnte. Er wusste es ganz genau. Es gab da Einen, Dem war das Glück mit All seinen Eigenarten, all‘ dem, das es umrang und umschlang, wichtiger als alles andere auf dieser Welt, als allen Menschen dieser Welt. Und deshalb hatte Er davon auch mehr, als alle Menschen dieser Welt.

Janusch spielte mit der Hand in der tückischen Innentasche seiner langen Kutte und grinste in sich hinein. In dieser Stadt suchte man ihn noch nicht, genauso wenig, wie man nach einen seiner anderen Namen suchte. Er schüttete seine Hand in der Tasche aus und schien sich selbst zu danken. Doch wer hätte das sehen sollen, außer Er natürlich? Denn Janusch wusste, wie man unauffällig aussah. Das war eine Fähigkeit, die ihm in die Wiege gelegt worden war, genauso wie sein Name. Neben der Anfälligkeit für das Glück, nicht zu vergessen. Er war überraschenderweise der einzige der versprochenen Drillinge, der die Geburt überstand. Auch diese drei Dinge amüsierten Ihn, sehr. Diese zufälligen Geschicke machten ihn zu einem Liebling des Glücks.

Da er das wusste befand sich Janusch nur Minuten später in einer Gasse, unweit des Marktplatzes. Er rümpfte die Nase. Ja, hier, wo die Menschen auf das Beste, einen guten Gewinn und Wohlstand hofften, gab es immer etwas zu holen. Vielleicht sogar noch mehr, als in den parfümierten Bezirken, in denen viele Angst hatten auch nur einen Bruchteil ihres Reichtums zu verlieren. Schon saß unser Trickser auf einem Schemel und diskutierte mit einem groben, garstigen Herrn über den Einsatz. „Ein Dinar. Alles drunter spiel ich nicht.“ „Sechs Heller, alles drüber spiele Ich nicht.“ „Dann können’s sich’s verscheuchen.“ „Sechs Heller, alter Mann, um mehr spiel ich nie. Zumindest nicht in der ersten Runde. Ihr könnt ja gerne versuchen euer Geld in der zweiten Runde zurückzugewinnen.“ „Hmm.“ Grunzte der Alte. „Sechs Heller, und danach mindestens das Doppelte!“ Er schien auf die Provokation hereingefallen zu sein. „In Ordnung. Ihr würfelt zuerst. Ich bin übrigens Yanick.“ Janusch verdeckte seine Vorfreude vorbildlich. Er wusste, das würde leichtes Geld werden, spätestens ab der Sache mit dem Namen war das Schicksal besiegelt. Denn er wusste, auch Er war für solche Scherze immer zu haben, Er würde sich freuen.

„Ja, ja Jungspund, euren Namen werd‘ ich vergessen, wenn ich mir nächste Runde von euch mehr als das Doppelte zurückgeholt habe.“ stöhnte der mürrische Kerl gegenüber von Janusch, nachdem sein Wurf so gar nicht gut aussah. „ Jetzt hört, noch habt ihr nicht verloren.“ Der Alte verlor. „Dreckssack. Zwei Dinar. Ihr habt mir die Runde versprochen.“ Janusch lachte laut auf. „Zwei Dinar?! Das ist gut mehr als das Doppelte, warum soll ich da mitspielen?“ „ Weil ich euch sonst diese lästige Hand zertrümmer.“ Das unglückliche Gegenüber griff fest um ein Stück Holz neben ihm, das einer Keule sehr nahe kam. „Und weil ihr es mir versprochen habt. Eine gerechte zweite Runde, Yanick.“ „In Ordnung.“ Er konnte sein Glück nicht fassen. Mehr als zwei Dinar in so kurzer Zeit waren eine Seltenheit.

Sein Gegenüber lachte, denn sein Ergebnis war schwer zu trumpfen. Mit schlechter Miene legte Janusch das Gesicht auf die Faust, kratze die Schläfe mit zwei Fingern. Er warf die Würfel hoffnungslos auf das Brett zwischen ihnen, doch wusste er ganz genau, was er brauchte. Einen Dreier-Pasch schlägt niemand. Seine Mundwinkel hoben sich. „Junge, du Dreckskerl!“ schrie der Alte, warf seinen Schemel um und griff zornig nach dem Holz. Doch kurz bevor jenes Janusch‘ Gesicht zu nahe kam, passierte es.

„Josepp! Schieb dir den Kolben quer rein und lass gut sein!“ brüllte eine schaulustige Frau brutal, einen Arm in die Hüfte geballt. „Recht hat’s sie! Reg dich ab und gib dem Jungen das Geld!“ „Du betrügst doch selbst bis die Turmglocke läutet!“ grollten zwei Stimmen aus dem Gesocks los. „Hmm.“ Grunzte Josepp erneut und warf dem am Boden liegenden ein Säckchen zu. „Glück sei dir hold, hmm.“ „Ja, Glück muss man haben…“ keuchte Janusch zurück, knapp der Prügel entkommen. „Doch welcher Depp überlasst sein Schicksal schon dem Zufall?“ flüsterte er in sich hinein und warf die Würfel zurück in die vertraute Innentasche.

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