Beitrag zu unserem Geschichtenwettbewerb Ostern 2020
Der Wind trägt ferne Worte, einem Flüstern gleich, rauschend wie das Meer. Und wenn er durch die Wälder fährt, die Wiesen berührt und die Felder, erzählt er ihnen was er sah und was er hörte. Das Rascheln der Blätter, das Wispern der Gräser berichtet uns von fernen Ländern und längst vergangenen Zeiten. Von Orten, wo die Sonne heller scheint als bei uns und Tagen, an denen ein Lachen durch die Wälder klang, das klar war und glockenhell. Das Lachen eines Elbenkindes im Einklang mit der Natur, in Wildheit und Freiheit, fernab von der Welt der Menschen.
Doch auch ein Elbenkind wird größer, wird lernen und erkennen, dass die Welt nicht immer frei und wild ist. Der Wind flüstert dem Kind von den Menschenländern, von Liebe und Freundschaft und Krieg. Und so läuft das junge Elbenkind fort, getrieben von der Neugierde. Es durchquert Wälder und Wiesen, überwindet Meere und Stürme, immer geleitet von dem flüsternden Wind. Weit fort von der Heimat, von dem Wald und dem Frieden, kommt das Elbenkind zu einer kleinen Hafenstadt, die vom grimmigen Feind aufs Ärgste belagert wird und geschliffen werden soll. Das Elbenkind wandert durch die Zelte der Feinde und erfährt von ihnen Wut und Hass und Stolz. Es sieht die Dunkelheit im Menschen, die Gier und den Hochmut. Doch der Wind wispert, treibt es weiter, näher an die kleine Stadt und so schleicht es sich hinein. Erstaunt wandelt es durch die Straßen, sieht Furcht, Schmerz und Trauer. Aber es sieht auch Freundschaft und Liebe und erfreut sich an den Menschen, dass sie trotz der Furcht noch Freude im Leben finden.
Und als das Elbenkind an den Hafen kommt sieht es, wie die Menschen ein Fest feiern für die Freiheit und das Leben. Es läuft über das Fest, sieht die Menschen lachen und tanzen. Bunte Bänder werden ihm ins Haar geflochten, die Musik spielt lustig auf. Ein kleines Menschlein kommt zum Elbenkind, lächelt schüchtern, streckt die Hand nach dem Elbenkind aus und zieht es mit zum Tanz. Schwungvoll drehen sie sich in einem Reigen, immer herum, dass die bunten Bänder wehen. Endlich hat das Elbenkind gefunden was es suchte. Die Freude, die Freundschaft und das Glück. Und wie es sich dreht mit dem Menschlein im Reigen, beginnt es zu lachen. Ein klares, helles Elbenlachen, erklingt in der Hafenstadt, das Lachen eines Kindes. Und die Stadt erstarrt, nie hat man hier ein solches Lachen gehört, von Freiheit und Freude erfüllt. Und die Menschen lachen mit ihm, erfüllt von Hoffnung. Doch auch die Belagerer hören das Lachen des Elbenkindes und erstaunt ob des Klangs legen sie, voller Ehrfurcht, die Waffen nieder, denn eine Stadt in der ein reines Kind ist, sollte nicht geschliffen werden. Und das Elbenkind tanzt weiter mit dem Menschlein im Reigen und der Wind ist voller Freude und spielt mit den bunten Bändern in ihren Haaren.
Und so werden sie größer, und lernen und tanzen Jahr für Jahr im Reigen. Und endlich findet das Elbenkind auch das letzte was es suchte: Die Liebe.
Lea Lenk