Die Geschichte des Strumpfes

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Diese Abhandlung wurde uns Andracor.com, mit freundlicher Unterstützung,  
vom Deutschen Strumpfmuseum zur Verfügung gestellt.

Die Etymologie des Namens Strumpf

Vermutungen zur Herkunft von 
Hose, Socke, Strumpfhose und Strumpf 

Unsere heute gebräuchlichen Strümpfe wurden im altnordischen hosae (Einzahl: hosa), also für uns heute unverständlicherweise „Hose“ genannt. In den germanischen Sprachen wurde das Wort hosa zunächst für Fuß- und Wadenbinde, dann für Gamasche oder Stutzen und schließlich nach dem 8. Jahrhundert n. Chr. für Beinkleider und Hosen benutzt. Die Erinnerung an diese altgermanische Vergangenheit hat sich in der englischen Sprache bis heute erhalten. Strümpfe werden heute dort noch als „half-hoses“, lange Strümpfe als „hose“ und die Strumpfherstellung als „hosiery“ bezeichnet.

Wir kennen noch eine zweite Bezeichnung für Hose, das altnordische brõk, eine germanische Bezeichnung für Beinkleider beliebiger Form. Aus dem Namen brõk (gallisch bracca) ist die mainlalterliche Bezeichnung bruoch oder bruch, im Englischen die Bezeichnung breeches, entstanden.

Es ist festzustellen, dass es im Germanischen und Deutschen zwei Namen für Beinbekleidung gibt, von denen bruoch die Bezeichnung für Hose ist – sie ist nicht ausschließlich die Hose, erst im mainlhochdeutschen gewinnt sie den eingeschränkten Sinn dieses Begriffes – und hosa oder hose, das den Strumpf bezeichnet, anfangs Beinbinde bedeutet, dann Gamasche oder Stutzen, seit dem 8. Jahrhundert lange Beinkleider und später auch Strumpfhose.

Entsprechend muss sich ein kostüm- und kulturgeschichtlicher Abriss zur Geschichte der Beinbekleidung, zumindest von der Vor- und Frühgeschichte bis zum Aufkommen des Strumpfes als eigenständiges Bekleidungsstück im 16. Jahrhundert, auch an der besser dokumentierten Geschichte der Hose orientieren.

Wadenbinden und erste Hosen

Vermutlich wurden in der frühen Bronzezeit Beinkleider aus Wollstoff getragen, die um Knöchel und Unterschenkel in Form von Fußlappen und Beinbinden gewickelt wurden. Aus solchen Schenkelbinden, die auch um Oberschenkel und Lende getragen wurden, entwickelte sich in der älteren Bronzezeit die kurze Hose oder Hüfthose. Sie ist auch die früheste Form der von den Germanen getragenen und bei ihnen selbst entstandenen Hose, der brõk, im mainlalter dann bruoch oder bruch genannt. Bis zum Ende der Bronzezeit (etwa 1000 v. Chr.) war es zur Ausbildung von weiten Kniehosen gekommen, die im Schnitt mit den heutigen Reithosen verglichen werden können.

Lange Hosen hingegen waren bei den illyrisch-thrakischen Völkern schon im zweiten vorchristlichen Jahrtausend bekannt, aus der Zeit um etwa 700 v.Chr. kennt man Hosen bei den Reitervölkern der Skythen, Sarmaten und Daker.

Vermutlich mit den Persern kamen die Langhosen nach Kleinasien, wo sie in der lydisch-phrygischen Tracht der Troer und anderer kleinasiatischer Volksstämme durch die griechische Vasenmalerei aus dem 6. vorchristlichen Jahrhundert bezeugt sind.
Von Persien verbreiteten sich die langen Hosen über den Kaukasus in ganz Europa bis nach Gallien.

Hosen bei Griechen und Römern

Griechen und Römer hingegen trugen gewandartige Röcke. Hosen waren dort zunächst unbekannt und galten in Rom selbst noch Ende des 4. Jahrhunderts n. Chr. als sich die Hose – bei den Soldaten der römischen Legionen beginnend – allmählich durchsetzte, als derart anstößig, dass eine kaiserliche Verfügung das Hosentragen unter Strafe stellte.

Fuß- und Beinbekleidung der Stein- und Bronzezeit

Es ist anzunehmen, dass die ersten Menschen Tierfelle zur Herstellung von Fuß- und Beinbekleidung verwendeten. An erster Stelle stand die Zweckmäßigkeit der Bekleidung, der Schutz vor Witterungseinflüssen und Verletzungen. Zum Schutz des Fußes dienten bis zur Bronzezeit vermutlich Fell- oder Leder-Lappen, die mit Bändern zusammengehalten wurden.

Seit der Bronzezeit findet man neben den Fußlappen bereits aus dickem Wollstoff gefertigte Wickelgamaschen. Die Lederriemen oder Bastbänder der Schuhe, die kreuzend über die Lappen oder Bänder bis zum Knie geschlungen wurden, hielten diese Fußbewicklung fest. Auch genähte Lederstrümpfe scheinen schon früh bekannt gewesen zu sein.

Fuß- und Beinbekleidung in der Antike

Als die Völker mainl- und Westeuropas noch in der Steinzeit lebten, hatten die Griechen bereits aus dem Orient, wo die Bronzegewinnung schon seit dem 3. Jahrtausend v.Chr. bekannt war, die Metallverarbeitung übernommen. Da sich Handwerk und Handel im Südosten Europas und in den mainlmeerländern ebenfalls früher als in den anderen Gebieten Europas entfalteten, schritt auch die Entwicklung der Kleidung schneller voran, so dass die Länder der antiken Hochkulturen auf dem Gebiet der Mode mehr als ein Jahrtausend lang die Führung übernahmen. In Griechenland und Rom stellten bereits hoch spezialisierte Handwerker Textilien und Gewänder her, während die außerhalb der antiken Welt lebenden Völker Europas diese noch selbst herstellten.

Mit dem Niedergang der griechischen Kultur trat Rom, das fast alle Länder des mainlmeerraumes unterworfen hatte, auch auf dem Gebiet der Mode das Erbe Griechenlands an.

Die Romanisierung der Provinzen während der römischen Kaiserzeit trug dazu bei, dass die Trachtenunterschiede zwischen Römern und Provinzialen schwanden. In dieser Zeit wurden die von den Römern als „barbarisch“ bezeichneten Hosen übernommen. Römische Soldaten waren die ersten, die anstelle von Beinbinden Kniehosen trugen, die kürzer und enger als die der Germanen waren.

Im 3. Jahrhundert n.Chr. übernahm auch die römische Mode allmählich die Hose. Ende des 4. Jahrhunderts versuchten zwar die Kaiser Honorius und Arkadius die Hosentracht – zumindest in Rom – zu verbieten, was jedoch erfolglos blieb.

Nachdem Konstantinopel zur neuen Hauptstadt des Oströmischen Reiches erhoben wurde, kamen neue modische Impulse aus Byzanz.

Während das Weströmische Reich dem Ansturm der Barbaren erlag, blieben das Oströmische Reich und seine Kultur noch jahrhundertelang erhalten. Kaiser Justinian (518-527), der bis auf Gallien fast alle Gebiete des ehemaligen Römischen Reiches zurückeroberte, leitete eine Renaissance der antiken Kultur und Trachten ein.

Besondere Ausprägung erhielt die byzantinische Kultur und Tracht durch die christliche Kirche, die, nachdem sie im 4. Jahrhundert zur Staatskirche erhoben wurde, alle Bereiche des gesellschaftlichen und kulturellen Lebens beeinflusste. Nicht nur die Priester, auch die Laien, mussten dabei der Verhüllung des Körpers mit langen Gewändern Rechnung tragen. Die Beine wurden, wenn überhaupt sichtbar, mit engen Hosen bedeckt.

Aus Byzanz wird berichtet, dass die „Lederschuhe“ der Männer bis zum Knöchel oder noch ein wenig höher gehen und dass sie mit Riemen überspannt werden, die die Sohle halten. Vermutlich handelt es sich nicht um Schuhe sondern um Socken aus feinem Leder oder wollenen Stoffen, die über genähten langen Strümpfen getragen werden und über die man beim Ausgehen Sandalen anzog.

Die ersten Strümpfe

Erste Zeugnisse gestrickter Strümpfe finden sich in Ägypten in koptischen Gräbern, allerdings gibt es keinen Verweis auf Stricknadeln, so dass die Vermutung nahe liegt, dass es sich bei den überlieferten ägyptischen Strümpfen um Importware handelt, die ursprünglich von den Phöniziern hergestellt wurde.

Strümpfe spielten in den alten Kulturländern des Mainlmeerraumes aufgrund des Klimas nur eine untergeordnete Rolle. Wie überliefert wird, trugen etwa bei den Römern nur alte und kränkliche Personen die so genannten Socci. Der Soccus der Römer war ein niedriger Schlupfschuh und konnte aus Leder, Wollenzeug, Leinwand oder Filz gearbeitet sein.

Bei den im Norden lebenden Germanen waren gestrickte Strümpfe zu Beginn der christlichen Zeitrechnung noch unbekannt. Ihre Hosen oder Wadenbinden wurden mit Riemen, vom Knöchel aufwärts steigend, festgebunden.

Funde von Schnallengarnituren, die in reich ausgestatteten alamannischen Gräbern aus dem 4. bis 7. Jahrhundert n.Chr. zur Befestigung von Wadenbinden gefunden wurden, belegen den Fortbestand von Wadenbinden als Beinbekleidung. Wie es scheint, blieben Bänder als Wickelgamaschen noch bis ins 9. Jahrhundert n. Chr. in Kombination mit Langhosen die hauptsächliche Form der Beinbekleidung. Selbst in der Beschreibung der Kleidung der fränkischen Königesind ornamentierte Bänder als Beinbekleidung noch belegt.

Vermutlich war auch der römische soccus bei den Germanen bekannt. Der Fund einer aus dem 4. Jahrhundert n. Chr. stammenden ostgermanischen Hose mit angenähter Socke aus dem Moor von Thorsberg bei Süderbrarup in Schleswig-Holstein wird als Beispiel dafür angeführt. Solche „Strumpfhosen“ scheinen auch in Rom bekannt gewesen zu sein und werden auch bei den Franken im 9. Jahrhundert angenommen.

Aus dem soccus, dem niedrigen Schlupfschuh der Römer, und den genähten Socken der Germanen entwickelte sich vermutlich seit dem 1. nachchristlichen Jahrhundert der genähte knielange Zeugstrumpf, der sich allgemein bei den Germanen verbreitete und bis ins 9. Jahrhundert n.Chr. zum Langstrumpf oder Beinling, vielleicht auch schon zur Strumpfhose wird, wie es Abbildungen der fränkischen Tracht vermuten lassen.

10. und 11. Jahrhundert – Wadenbinden, Beinlinge, Strümpfe

Der Zerfall des Karolingerreiches führte im 10. und 11. Jahrhundert dazu, dass es kein politisches oder kulturelles Zentrum mehr gab. Die deutschen Kaiser hatten keine Residenz und zogen von Pfalz zu Pfalz. Die Päpste als die größten Feudalherren der Zeit beeinflussten zunehmend die Entwicklung der Kultur, auch die Mode geriet immer mehr unter das Zepter der Kirche.

Die enge Bindung der Kirche an die sich konsolidierende Feudalherrschaft ließ die Trachtenunterschiede zwischen den geistlichen und weltlichen Feudalherren schwinden. Der weltliche Adel gab seine kurze Tunika auf und legte, wie die Priester, die lange Tunika an. Der Leibrock des Mannes wurde nach dem Vorbild der höfischen byzantinischen Trachten länger.

Der lange Rock war jedoch in manchen Lebensumständen unpraktisch. So waren zum Beispiel bei der Kriegs- und Jagdtracht die Röcke kürzer und die darunter getragenen Strümpfe wurden sichtbar. Abbildungen zufolge scheinen diese aufwendigst verziert gewesen zu sein und waren vermutlich genäht.

Die Verlängerung der Tunika zog Veränderungen anderer Kleidungsstücke nach sich. Die anfangs noch weiten Hosenbeine wurden enger und machten die Wadenbinden und das Riemenwerk überflüssig.

Nachdem man die strumpfartigen Hosen eine Zeit lang noch unterhalb des Knies mit einem Band gebunden hatte, begann man von der Hose losgelöste Beinlinge oder knielange Strümpfe zu tragen. Je länger die Tunika wurde, umso mehr büßte die Hose ihre modische Bedeutung ein und diente schließlich nur noch als Unterkleidung.

Im Laufe des 11. Jahrhunderts machte sich durch die Heirat Kaiser Ottos II. mit einer byzantinischen Prinzessin der Einfluss der byzantinischen Mode noch stärker bemerkbar, deren Charakteristikum eine zunehmend enger werdende Kleidung war. Eine neue Vorliebe für Prunkstoffe byzantinischen Ursprungs und eine sich daraus entwickelnde starke Farbigkeit bei der Kleidung führte zur Mi-Parti, dem Zusammensetzen der Kleidung aus verschiedenfarbigen Stoffen. Diese „Mi-Parti“ fand zuerst bei den Hosen Anwendung, die zunehmend enger und, mit Füßen versehen, zu langen, an die Bruch genestelten Beinlingen wurden — die zunächst noch von den überknie- oder knielangen Röcken bedeckt blieben.

Bis Ende des 11. Jahrhunderts, als der Feudalisierungsprozess mit den aus dem Fränkischen Reich hervorgegangenen Königreichen Frankreich und Deutschland im wesentlichen seinen Abschluss fand, hatte sich für die Kleidung eine feste hierarchische Ordnung herausgebildet. Es herrschte eine fast vollständige Übereinstimmung der männlichen höfischen Tracht mit dem Kleid der Frauen. Mann und Frau trugen meist bodenlange Gewänder. Über Auszier, Schmuck, Form und Länge der darunter getragenen Strümpfe ist nur wenig bekannt.

12. – 13. Jahrhundert – das Aufkommen der „Beinlinge“

Im 12. Jahrhundert gelang es dem französischen Königtum, die feudale Zersplitterung zu überwinden. Paris als Sitz der Könige und als Versammlungsort der Adeligen wurde modebestimmend für ganz mainl- und Westeuropa. Mit der Entfaltung der Städte und der Gründung von Universitäten wurde die geistige und kulturelle Monopolstellung der Kirche eingestellt.

Die Mode des 12. und 13. Jahrhunderts wurde stark durch das Rittertum geprägt, das während der Kreuzzüge eine wichtige politische und kulturelle Rolle zu spielen begann. Es wurde zum Vermittler mit der überlegenen Kultur des Orients, seinen verfeinerten Sitten und seiner hoch entwickelten Textil- und Kleiderkultur.

Die Betonung der Körperformen stellte die Mode vor neue technische Anforderungen, die die Erfindung des Schnittes und neue Befestigungsmöglichkeiten durch Bänder oder Knöpfe erforderlich machten. Modebestimmend wurden die Frauen an den Adelshöfen. Die Kleidung des Mannes passte sich der Frauenkleidung weitgehend an, so dass sich der lange Männerrock im 12. Jahrhundert endgültig durchsetzte, im Gegensatz zu den bodenlangen Röcken der Frauen aber die Füße noch sehen ließ.

Beine und Füße der Frauen zählten zum Intimbereich und waren ein ängstlich verhülltes Geheimnis. In einer vielzitierten Anekdote über eine spanische Prinzessin wird erzählt:

Als Johanna von Navarra, die Braut Philipps des Schönen von Frankreich (Ende des 13. Jahrhunderts), auf der Durchreise nach der französischen Hauptstadt war, boten ihr die Väter einer Stadt kostbare gewebte seidene Strümpfe als Brautgeschenk an. Johanna´s Majordomus warf sie in den Straßendreck und rief empört: „Wißt ihr nicht, daß die Königinnen von Spanien keine Beine haben?“

Frauen trugen vermutlich knielange Strümpfe, die unter dem Knie gebunden waren, die Männer trugen sichtbare Beinlinge.

Die Beinlinge waren mit Bändern an dem Gürtel der zur oberschenkelkurzen Bruch als Untergewand reduzierten Hose (in Form einer kurzen Badehose) befestigt, „angenestelt“. Die Beinlinge entwickelten sich zu einer strumpfartigen Beinbekleidung, die meist nicht gestrickt, sondern aus farbigem Tuch geschnitten und genäht war. Als feinster elastischer Stoff zu ihrer Anfertigung galt der Scharlach, dessen Herstellungszentrum in den südlichen Niederlanden lag. 
Wie es scheint, waren im 12. Jahrhundert die Beinlinge bereits zu Strumpfhosen verbunden. Als das Grab Heinrichs VI. (1190-1197) geöffnet wurde, fand man ihn mit einer Hose dieser Art bekleidet. Über dem Rock von gelbem Stoff lag ein seidener, in Knoten geschlungener Gürtel, von dem mehrere grüne und rote seidene Schnüre ausgingen, die erst durch den Rock, dann durch die Löcher der Strumpfhose durchgezogen und zugebunden waren.

Erste Beispiele verzierter, genähter und am Knie gebundener Strümpfe finden sich im 11. Jahrhundert bei Fürsten und der hohen Geistlichkeit. Für feierliche Anlässe waren diese Strümpfe reich ornamentiert, wie etwa die Strümpfe zum Krönungsornat der deutschen Kaiser.

Vermutlich durch die Kreuzzüge wurde im 11./12. Jahrhundert in Europa die Technik des Strickens und als neues Material, auch zur Strumpfherstellung, die Seide bekannt. Gestrickte Strümpfe allerdings waren noch selten und kamen erst im 16. Jahrhundert in Gebrauch.

In Italien und Frankreich, wo die Entwicklung des Bürgertums in den Städten schneller voranschritt als in Deutschland und wo die zu Wohlstand gekommenen Bürger auch in ihrer Kleidung nicht mehr hinter dem Adel zurückstehen wollten, wurde ein beachtlicher Kleiderluxus betrieben. Entsprechend wurden dort schon im 13. Jahrhundert Gesetze, so genannte Kleiderordnungen, erlassen, die den Kleiderluxus einschränken sollten, nicht zuletzt aber den Zweck verfolgten, die Trachtenprivilegien der herrschenden Klasse zu sichern.

Standesunterschiede sollten in der Kleidung sichtbar bleiben, was dazu führte, dass die Kleidung des untersten Standes, der Bauern, über Jahrhunderte gleich blieb. 
Unter kurzen Hemdröcken wurden teils enge, teils weite Hosen getragen.

14. – 15. Jahrhundert – Männer in Strumpfhosen

Im 14. Jahrhundert wurde Frankreich modebestimmend. Als Verbündeter des Königs durch wirtschaftliche und militärische Unterstützung erhielt das Bürgertum im politischen wie kulturellen Leben zunehmend größeren Einfluss. Das Rittertum war im Begriff des Niedergangs und der Adel musste viele seiner Privilegien an das aufstrebende Bürgertum abtreten. Die Stellung der Kirche war geschwächt, der Papst in Avignon kaum mehr als ein Untergebener der französischen Könige.

Main des 14. Jahrhunderts, nach Abklingen der großen Pest-Epidemie, die etwa ein Viertel der Bevölkerung Europas hinweggerafft hatte, traten die Veränderungen in der europäischen Kleidung besonders stark hervor.

Der aufkommende Zweifel an der weltlichen und göttlichen Ordnung führte dazu, dass, wer Geld hatte, wenig nach seinem Stand fragte und sich kleidete, wie es ihm gefiel.

Vermainlst der Kleider war Stand und Rang der Leute nicht mehr erkennbar. Die bisher gültigen Maßstäbe des Standes und „Anstandes“ in der Kleidung gingen verloren, dabei wurde die Kleidung immer enger und stärker entblößend.

Eine Kleiderverordnung Karls VII. von Frankreich vermerkt:

„Es ist dem König vorgestellt worden, daß von allen Nationen der Erde keine so entartet ist, keine so veränderlich, so unmaßend, so maßlos und unbeständig in der Kleidung wie die französische, und daß man vermainlst der Kleider nicht mehr den Stand und Rang der Leute erkennt, ob sie Prinzen sind oder Edelleute oder Bürger oder Handwerker, weil man es duldet, daß jeder nach seinem Vergnügen sich kleidet, Mann wie Frau, in Gold- und Silberstoff, in Seide oder Wolle, ohne Rücksicht auf seinen Stand zu nehmen.“

Der Männerrock wurde kürzer und enger, um 1320 erfolgte eine Modeänderung, die von Marseille ausging, und kurze Röcke und strumpfhosenähnliche Beinkleider lösten allmählich die weiten, in der Taille mit einem Gürtel zusammengehaltenen knöchellangen Gewänder der Männer ab.

Ein Grund hierfür war auch in der Änderung der Rüstungen zu sehen. Das verhältnismäßig geschmeidige, gewandähnliche Kettenhemd des 12. Jahrhunderts wurde vom Plattenharnisch abgelöst, einer starren, den Körperformen nachgebildeten Panzerung. Entsprechend musste das lange Unterkleid einer knappen, geteilten Kleidung weichen. Anstelle des langen mainlalterlichen Hängegewandes tritt im 14. Jahrhundert der kurze, vorne offene und geknöpfte Rock mit Beinkleidern.

Die Historikerin Lieselotte C. Eisenbarth konstatiert: „Die unter dem Diktat der Rüstung angebahnte Entwicklung verselbständigte sich alsbald. Man erfindet Formen, die allein aus den technischen Bedingungen des Plattenpanzers nicht zu erklären sind. Die Kleidung … verrät ein vollkommen neues Körpergefühl, eine neue Einstellung zum Körperlichen überhaupt.“

Die Kleidung lag immer enger am Körper an, der Rock wurde zusehends kürzer. Innerhalb weniger Jahrzehnte schrumpfte das männliche Oberkleid derart, dass es, bislang knöchel-, wenigstens aber wadenlang, um 1350 kaum noch die Knie bedeckte und im Jahr 1376 so kurz war, dass die Mainzer Chronik darüber vermerkte: „In jenen Tagen ging die Torheit der Menschen so weit, dass die jüngeren Männer so kurze Röcke trugen, dass sie weder die Schamteile noch den Hintern bedecken.“

Auswüchsen der neuen, derart das Körperliche betonenden Mode tritt die Obrigkeit durch regelmäßige Verfügungen, so genannten Kleiderordnungen entgegen. Kleidervorschriften vor 1350 richten sich gegen den Luxus, die „Hoffart“ und „Üppigkeit“, Kleiderordnungen des 14. und 15. Jahrhunderts versuchen der neuen Kleidungsmode Herr zu werden. 1356 etwa erließ der Rat der Stadt Speyer eine Ordnung, die den Männern verbot Röcke zu tragen, die nicht mindestens unter das Knie reichten. Beschwerden und Verordnungen fanden sich in fast allen größeren Städten und zogen sich bis Ende des 15. Jahrhunderts fort.

Lange, weite Gewänder als Zeichen von Würde und Gravität waren lediglich nach wie vor noch die Tracht der Gelehrten, Kleriker, Richter und Magistratsbeamten – Stände und Kreise, die für Kontinuität und Bewahrung einstanden.

Bis zum Beginn des 15. Jahrhunderts entstehen zwischen Unterhose und Strümpfen sichtbare Blößen und erst im Verlauf des 15. Jahrhunderts entschließt man sich dazu, die Strümpfe auch hinten über das Gesäß zu ziehen und am Rock zu befestigen. Mit dem kürzer werdenden Obergewand wurden die bislang an die „Bruch“ (Unterhose) genestelten (angeknöpften) einzelnen Beinlinge zu einem einzigen Kleidungsstück, der Strumpfhose. Die Konstruktion des vorderen Verschlusses der Hose wird durch die „Braguette“ – die so genannte Schamkapsel gelöst, die bis zum 17. Jahrhundert maßgeblicher Bestandteil der von den Männern getragenen Strumpf- und den späteren Oberschenkelhosen blieb und immer wieder Anlass zu obrigkeitlicher Kritik gab.

In der Renaissance wird Kleidung zum Hauptbestandteil des Geltungskonsums, zum wirkungsvollen Ausdruck individueller Ansprüche auf Rang, Macht und Bedeutung. 
Basis dafür ist der sprunghaft gewachsene Wohlstand im 16. Jahrhundert und der damit einhergehende enorme Aufschwung des Textilhandwerks. Entsprechend der Kurzrock- oder Wamsmode des Mannes kommt der Strumpfmode und Strumpfherstellung besondere Bedeutung zu.

Wenn Ihr die weitere Entwicklung des Strumpfes verfolgen wollt, 
dann lest doch bitte beim deutschen Strumpfmuseum weiter.

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